Unendliche Geschichte?

Auch wenn der Dezember nun endgültig hinter uns liegt, so ist er für uns immer noch nicht wirklich abgehakt. Grund: Unsere Reise zum Weihnachtsmarkt nach Allauch.

Eigentlich war das Programm genau festgelegt für unseren Aufenthalt: Abflug Mittwochmittag, Abend in Familien, Donnerstagvormittag wie immer Besuch der Grundschule, um drei Deutschklassen nacheinander von unseren Advents- und Weihnachtsbräuchen zu erzählen. Nach dem Mittagessen Besuch des Gymnasiums, damit die älteren Schülerinnen und Schüler etwas über die Partnerschaft erfahren und Interesse an Praktika bei uns bekommen. Anschließend dann viel Freizeit für uns bis zum Abend für einen schönen Ausflug mit dem französischen Komitee ans Meer und in einen Ort mit besonders eindrucksvoller Weihnachtsbeleuchtung, Freitag viele Vorbereitungsarbeiten für den Weihnachtsmarkt und eine gemeinsame Sitzung der beiden Komitees, Samstag und Sonntag voller Einsatz von früh bis spät auf dem Markt, Montag Verräumen der Restware, Bummel durch Allauch und Rückflug.

Doch erstens kommt es anders und zweitens als man denkt. Schon am Dienstag vor der Abreise erhielten wir die Nachricht von der Lufthansa, dass unser Flug vom Mittwoch annulliert worden sei – neue Möglichkeit gleiche Zeit am Donnerstag. Sie können sich vorstellen, was wir am Freitag alles unter einen Hut bringen mussten – siehe oben. Auf der Strecke blieb natürlich unser Ausflug, denn Pflicht ist Pflicht. Dazu regnete es am Freitag in Allauch von früh bis spät in Strömen – gut, dass wir so viel zu tun hatten. Samstag und Sonntag waren dann schöne Tage mit Sonne, wenig Wind, netten Besuchern, interessanten Gesprächen und guten Verkäufen. Wir waren erschöpft, aber rundum zufrieden.

Montagmorgen dann die erste Hiobsbotschaft: An diesem Tag galt die „Action escargot“, die „Aktion Schnecke“ auf den Straßen. Willkürlich wurde auf nicht vorher bekannt gegebenen Strecken der Verkehr von Demonstranten ausgebremst. Ob auch unser Weg zum Flughafen betroffen sein würde? Vorsichtshalber wurde das Sammeltaxi sehr zeitig bestellt. Nach dem Mittagessen blieb gerade noch eine halbe Stunde für einen Bummel durch Allauch. Dabei erreichte uns die zweite Hiobsbotschaft: Gebuchter Flug Marseille-München annulliert, neue Möglichkeit etwas früher über Frankfurt. Nun musste alles blitzschnell gehen. Das Sammeltaxi brachte uns rechtzeitig zum Flieger, und auf ging’s nach Frankfurt. Die beunruhigend kurze Umsteigezeit dort wurde lang und länger, endlich kam die erklärende Durchsage: Die gesamte Crew musste wegen Arbeitszeitüberschreitung ausgetauscht werden, die neue erstmal von zu Hause anreisen. Aber irgendwann war es so weit, 3 Stunden später als geplant landeten wir in München. Ja, WIR, aber nicht unsere Koffer. Das war doppelt ungünstig, denn jeder hatte in seinem Gepäckstück Lavendelhoniggläser, die an der Krippe verkauft werden sollten. Nur nach und nach trudelte im Laufe der Woche immer mal wieder ein Koffer ein.

Bis auf einen. Der mit den restlichen 12 Honiggläsern ist bis heute verschollen – lag es am leckeren Lavendelhonig? Wir hoffen sehr, dass – wenn Sie diese Zeilen lesen – aus der unendlichen Geschichte eine endliche geworden ist!

Alle reden über das Wetter – wir auch!

Ein Beitrag von Ursel Franz und Barbara Wagner

In den ersten Jahrzehnten unserer Partnerschaft mit Allauch war eines klar: Wenn wir in der Provence sind, ist IMMER Superwetter, blauer Himmel, Sonnenschein, Hitze. Da reicht das kleine Köfferchen mit den dünnen „Fähnchen“ und bequemen Sandalen – eine Jacke braucht man garantiert nie. Zwar sollte man möglichst beim offiziellen Abend ein Dirndl anziehen, aber ok, dann würde man halt einen Abend lang schwitzen. Als ich irgendwo ein leichtes, kniekurzes Sommerdirndl entdeckte, griff ich zu und sah frohlockend dem Festabend entgegen. Doch ausgerechnet in jenem Jahr fand er in dem „Salle de mariage“, dem großen Trauungssaal in Allauch, statt, wo die Klimaanlage auf Hochtouren lief und für regelrecht eisige Temperaturen sorgte. Wie habe ich all diejenigen beneidet, die ein wadenlanges Dirndl trugen!

Wenn aber die Franzosen zu uns kamen, war die Situation eine ganz andere.
Dazu möchte ich aus einem „Brief an unsere Freunde“ zitieren, ein „Brief“ von Barbara Wagner anlässlich des 20. Jubiläums der Partnerschaft, den wir an unserem offiziellen Abend als Rede auf Französisch vortrugen.

Liebe Freunde aus Allauch!
Es gibt viele erwähnenswerte Eigenschaften von Euch zu besingen, u.a. auch Eure Ausdauer und Eure Widerstandskraft. Wie sonst wäre es zu erklären, dass Ihr treu immer wieder die Reise in den kalten und regenreichen Norden antretet.
Ich erinnere mich an die diversen Male, da Ihr mit (schicker aber viel zu luftiger) Sommerkleidung angereist wart und von Euren Gastgebern und Freunden in warme Pullover und Jacken gehüllt wurdet. Einmal flüchteten wir im Englischen Garten mit Euch unter das Vordach des Chinesischen Turmes, um so einigermaßen geschützt unser Picknick einzunehmen. Ein Sommerfest auf dem Sportgelände am Waldrand absolvierten wir mit Euch frierend im Zelt. Zahlreiche Ausflüge durch das schöne Bayernland verlangten viel Phantasie: Die Schönheit verbarg sich hinter dichten Regenvorhängen. Die Floßfahrt musste abgeblasen werden und endete im Hallenbad. Den Höhepunkt unseres Testes an Eure Leidensfähigkeit stellte mit Sicherheit der Besuch der "Carmina Burana" auf dem Münchner Königsplatz dar. Was als großartiges Open Air Sommerfestival geplant war, musste geschützt durch Pullover, dicke Jacken, Regenmäntel, Mützen und Schals überstanden werden. Selbst Thermoskannen mit heißen Getränken, sei es alkoholischer oder nicht alkoholischer Art, wärmten nur vorübergehend. Bei dem Gedanken daran friert Ihr sicher immer wieder.
Und trotzdem verlasst Ihr jedes Jahr einige Male Eure schöne warme Provence, um uns im kühlen Bayern zu besuchen. Ich danke Euch für Eure Treue und freue mich auf viele weitere Begegnungen. Leider kann ich keine Besserung unseres Wetters garantieren!

Zu diesem „Brief“ überreichten wir jedem Mitglied des französischen Komitees einen schönen großen München-Regenschirm, sozusagen als Entschuldigung und Trostpflaster für unsere Wettermisere. 

Und was war der Kommentar unserer französischen Freunde? 
„Wir LIEBEN Euer Wetter, den Regen, die kühlen Temperaturen – bei uns ist es einfach immer viel zu heiß!“

Geht nicht gibt’s nicht!

Ein Beitrag von Ursel Franz und Inge Mayer-Simon

Zwar liegt nun der November vor uns und das Thema hätte vorweihnachtlich sein dürfen, aber taufrisch ist noch die Erinnerung an ein Erlebnis auf der Wiesn. Und irgendwie war es ja vielleicht auch ein Hauch von Vor-Vor-Weihnachtswunder….!

Wie viele von Ihnen wissen, veranstalten unsere französischen Freunde seit über 30 Jahren Ende August ein bayrisches Bierfest in Allauch. Es ist immer ein großer Erfolg und somit kein Wunder, dass irgendwann der Wunsch aufkam, das „echte Bierfest“, das Oktoberfest in München kennenzulernen. Im Nu hatten sich beim französischen Partnerschaftskomitee 33 Personen angemeldet, darunter erstmals auch der dortige Bürgermeister Lionel de Cala und etliche Mitglieder der Allaucher Gemeindeverwaltung. Da gab es viel zu organisieren für unseren Vorstand, denn es ist nicht so einfach, am Wiesnauftakt-Wochenende 40 Plätze in einem Bierzelt zu reservieren für Gäste und Begleitpersonen. Seit Jahresbeginn liefen unsere Anfragen, und tatsächlich waren wir erfolgreich. Auch fanden sich genügend Vaterstettener Gastfamilien, um alle aufzunehmen. Wir sagen hier gleich noch einmal ganz herzlichen Dank dafür – die Gäste waren begeistert!

Damit keiner verloren ging im Wiesntrubel, wurden Kleingruppen zusammengestellt, d.h. 4 oder 5 Franzosen mit je einem Mitglied aus unserem Vorstand „verbandelt“. Und um nicht gleich am ersten Tag die volle Wucht eines 6000-Personen-Zeltes auf die Gruppe prallen zu lassen, reservierten wir für den Samstag zur Mittagszeit auf der „Oidn Wiesn“ im Festzelt „Tradition“. 

Meine Kollegin und ich saßen neben Bürgermeister de Cala und 3 Personen aus dem Rathaus Allauch an einem Tisch. Nach längerer Diskussion entschieden sie sich für ein Hendl, und sie wollten dazu gern Pommes frites.

Aber leider standen keine auf der Speisekarte, und unsere wirklich nette Bedienung Anastasia erklärte uns, wir könnten sie draußen gleich hinter dem Ausschank im Traditionszelt Kinderland kaufen. Wir zwei sausten dorthin, aber vergebens, Fritten wurden rigoros nur an Kinder ausgegeben, und solche hatten wir nicht dabei. Freundlich erklärte man uns, gleich neben dem Haupteingang gäbe es welche.

Die Security am Haupteingang hatte keine Ahnung, wo sich ein solcher Stand befinden könnte. Da sah ich glücklicherweise im Zeltbüro die Dame sitzen, über die ich die Tische reserviert und die ich am Morgen auch schon mit ein paar Wünschen genervt hatte. Auf meine Frage nach Pommes hin blieb sie freundlich, meinte aber, wir sollten das Zelt besser nicht verlassen, denn mit Pommes-Tüten würden wir an der Security vorbei sicher nicht wieder hineinkommen. Wahrscheinlich sah sie unsere ratlosen Gesichter, denn sie kam aus ihrem Kabäuschen, begleitete uns zu unserem Tisch und gab unserer Kellnerin Anastasia augenzwinkernd den Auftrag, doch bitte zum Kinderland zu gehen und für den Tisch XY (unser Tisch) für die vier dort sitzenden „Kinder“ Pommes zu holen. 

Und so bekamen unsere französischen Gäste zu den Hähnchen ihre Fritten, die auch noch gut schmeckten!

Also: Geht nicht, gibt’s nicht!

Ein ungewöhnlicher Ausflug

Endlich in Allauch, so freute sich die ganze Reisegruppe aus Vaterstetten nach der 15-stündigen Busfahrt. Jeder war gespannt, welcher neue oder schon bekannte Gastgeber ihm zugeteilt würde, und genauso gespannt waren alle auf das Programm während dieser Woche. Besonders große Freude herrschte, als wir in jenem Jahr lasen, dass auch eine Schiffsfahrt durch die Calanques mit anschließendem Badetag in Cassis vorgesehen war.

Auch wenn man diesen Ausflug vielleicht schon einmal machen durfte, so ist er immer wieder ein Highlight. Die Calanques sind steilwandige Küsteneinschnitte, Fjorden ähnlich. Sie entstanden vor etwa 120 Millionen Jahren und erstrecken sich südlich von Marseille bis nach La Ciotat. Besonders reizvoll ist das Massif entlang der Küste auf 20 km zwischen Marseille und Cassis, das im Jahre 2011 zum Nationalpark erklärt wurde, dem „Parc National des Calanques“. Millionen Touristen kommen alljährlich, um dort zu wandern oder – besonders beliebt – zu klettern. Oder sie fahren wie wir mit dem Boot von Calanque zu Calanque, bewundern die bis zu 600 m hohen steilen Felsen mit den waghalsigen Kletterern und die malerischen kleinen Badebuchten mit dem tiefblauen Wasser.

Am „Tag der Tage“ strahlte die Sonne vom Allaucher Himmel, und wir stiegen sommerlich bekleidet in den Bus. In Cassis muss man abseits des Ortes parken, alle Reisenden steigen um in eine Bimmelbahn, die dann bis zur Bucht fährt. Das ist zum Auftakt immer ein Spaß, und dann ging es auch schon los, mit dem kleinen Schiff hinaus ins offene Meer zu den Calanques. Doch eh wir’s uns versahen, wurde es leicht neblig, wurde es sehr neblig, ja so neblig, dass nichts mehr zu erkennen war, kein Meer, keine Calanques. Nur die Spitze der hohen Felsen ragte hier und da blass sonnenbeschienen aus dem geheimnisvollen Weiß, das uns umhüllte. Ein bisschen mulmig wurde uns schon, wie denn unser Kapitän ohne jegliche Sicht an den Felsen vorbeikommen würde, doch natürlich hatte die moderne Technik alles im Griff: Fahrt nach Instrumenten hieß die Devise, kein Problem. 

So ungewöhnlich und interessant der Ausflug war, so war er doch enttäuschend, weil wir ja nichts gesehen hatten von dieser wuchtigen wunderbaren Natur. Und nun fragten wir uns auch, was denn statt des Badetages gemacht würde, denn Schwimmen im Nebel, wo keiner den anderen mehr sehen kann, erschien uns nicht gerade reizvoll. Das Schiff machte sich auf den Rückweg und siehe da: Ein Wunder war geschehen. Je mehr wir uns der Bucht näherten, desto dünner wurde der Nebel, und dann lag sie vor uns, die schöne Bucht von Cassis: in strahlender Sonne, so als hätte sie dort die ganze Zeit einfach auf uns gewartet.

Allauch, Cap Canaille mit Blick auf Cassis

Eine Trompete bringt Frösche zum Schweigen

Es war in jenen frühen Jahren der Partnerschaft, als das Vaterstettener Bläserensemble noch 25 Buben und Mädchen umfasste. Regelmäßig während der Pfingstferien machte sich das Ensemble gemeinsam mit ihrem Maestro Helmut Musser nach Allauch auf. Bei jedem Besuch lag eine turbulente Woche vor ihnen, mit täglichen Musikdarbietungen: beim großen Begrüßungsessen, im Freien auf dem Platz vor dem Rathaus, in Kirchen und Schulen, in Allauch und Logis-Neuf, in Marseille und sogar in Aix-en-Provence.
In einer lauen Juninacht – das feierliche Konzert in der Kirche St. Sébastien mit deutsch-französischer Gemeinschaftsdarbietung von Beethovens Hymne an die Freude war nach viel Applaus und den obligatorischen Lobreden um Mitternacht zu Ende gegangen – fanden wir uns bei Freunden in Château Gombert, einem Vorort von Marseille, auf der Gartenterrasse wieder. 

Jung und Alt, Franzosen und Deutsche – es war eine bunte fröhliche Gesellschaft. Tische wurden zusammengerückt, der Hausherr sorgte für Wein. Und während der Gastgeber noch die Zutaten kredenzte – Käsewürfel, französische Salami, Oliven und andere kleine Köstlichkeiten – waren schon muntere Gespräche in Gang gekommen. Nach so einem erfüllten Tag konnte nicht jeder für sich alleine nach Hause gehen, zu sehr waren alle nach dem Konzert noch „aufgeladen“. In den Platanen über uns zirpten die Grillen, untermalt vom dumpfen Brausen des nahen Großstadtverkehrs. Und im Gartenteich neben uns quakten viele Frösche. Es war eine gleichmäßige Lautkulisse, die aber niemand bewusst wahrnahm. Doch plötzlich ging ein Instrument von Hand zu Hand: Der Sohn des Hauses hatte das Flügelhorn – eine Art Trompete –  seines Urgroßvaters herbeigeholt, ein Erbstück der Familie. Die Stimmung war gut, unsere provenzalischen Freunde hatten schon einige Lieder gesungen und gerade ein neues angestimmt. Was also lag näher, als dass Helmut Musser das gute alte Flügelhorn in Aktion zu setzen hatte. Er zierte sich zwar zunächst noch ein bisschen, aber dann stand er auf und die ersten Töne aus seinem unerschöpflichen Repertoire stiegen dem klaren Sternenhimmel entgegen.
Im Hintergrund wurde es schlagartig still. Die Frösche hatten aufgehört zu quaken. Erst jetzt bemerkten wir, dass es sie gegeben hatte. Die französischen Trinklieder hatten sie mitnichten zum Einhalten bewegt – aber das Flügelhorn-Solo! Danach tosender Applaus, Gespräche, Lachen, deutsch-französischer Lärm – die Frösche blieben still. 

Erst Minuten später, das Instrument lag wieder auf dem Tisch, ging das Froschkonzert langsam wieder los. 

Nun wollten wir es aber wissen: Das Experiment wurde noch einmal wiederholt. Und tatsächlich, die Frösche waren schwer beeindruckt und lauschten andächtig Helmut Mussers Flügelhornklängen. Sie trauten sich erst nach respektvoller Pause, ihr eigenes Konzert wieder aufzunehmen – vielleicht war es auch eine Art Applaus von ihrer Seite …

Das erste Bierfest in Allauch

Damals war in Vaterstetten die Band von Helmut Musser „einfach genial“, und ich war stolz, dass ich mit meiner Bassgitarre als „Quereinsteiger“, noch dazu etwas älteren Baujahres, in die Rhythmusgruppe aufgenommen wurde.  

Irgendwann wurde bekannt, dass wir für das allererste Bierfest in Allauch erwünscht waren. Die Vorbereitungen drängten, denn dazu gehörte auch die Übung, während des Marschierens Musik machen zu können. Plötzlich tauchte bei uns aus dem Nichts eine riesengroße Trommel auf, und da es nicht möglich war, während des Marschierens Bassgitarre zu spielen, fiel das Los auf mich. Eine sehr unangenehme Aufgabe, es fehlte nämlich das Tragegeschirr. Also kurzum einen breiten Gürtel in das Gestänge eingehakt und auf ging’s zum Proben auf der Reitsberger-Wiese. Ein ganz neues Geh-Gefühl! Vor dem Bauch die große Trommel, obendrauf das Becken für die scharfen Klänge und ein dicker Klöppel zum Draufhauen! Als ich wieder zu Hause war, konnte ich mich kaum noch bewegen, so sehr hatte mich der Gürtel am Nacken eingedrückt. Doch allmählich lernte ich, die Trommel während des Marschierens ohne Musik mit den Händen etwas anzuheben, dann war die Last erträglich.

Schließlich war es so weit: Wir stiegen in den Bus und fuhren die Nacht durch, das war damals so üblich, aber auch übel! Eingeklemmt zwischen den Sitzen mit auf „Ruhen“ gestellten Lehnen waren wir dem Schaukeln der Karosse und dem Gaswechsel des Fahrers ausgeliefert. Wer es besonders bequem haben wollte, legte sich bretteben auf den Boden des langen Durchgangs. Dort war der „Pulsschlag“ der Antriebsmechanik krachend (der Gang muss hörbar einrasten!) und röhrend Vertrauen erheischend zugange. Da wusste dann am Morgen jeder, was „gerädert“ in unserer Zeit bedeutet!

Am Nachmittag vor dem Bierfest sollten wir die Bewohner Allauchs auf das große Ereignis aufmerksam machen und marschierten deshalb blasend und trommelnd durch den Ort. Ich erinnere mich noch gut an zwei gefährlich kläffende Hunde hinter einem Eisengitter. Da nahm ich meinen dicken Klöppel, zog mächtig auf und drosch einen kräftigen Schlag auf die Trommel. Und siehe da, die beiden Großmäuler jaulten auf und verschwanden schnurstracks hinter dem Haus.

Das Bierfest fand in einem riesigen Zelt statt, mit Hendl-Braterei und Bierfässern. Der Eintrittspreis war mit 100 Francs bombastisch, das waren immerhin ca. 35 DM für 1/2 Brathendl und 1 Mass Bier. Das hielt die Franzosen aber nicht ab, das Zelt wurde nach und nach brechend voll. Man beklatschte begeistert unsere Musik, aß die Hendl und stürzte so manche Mass hinunter. Als wir dann musikalisch auf die „Oberkrainer“ umsattelten, stieg die Stimmung auf den Höhepunkt, bis etwas Unerwartetes geschah:

Zwischen unserer großen Bühne und den dicht gedrängten Leuten war ein provisorischer Bretterboden ausgelegt, um den heißblütigen Freunden das Tanzen zu ermöglichen. Das Stampfen und Hüpfen auf den Brettern führte zu einer Art pneumatischer Pumpe. Der Sandboden des Steinbruchs erlebte seine große Stunde und stieg in beachtlichen Schwaden durch die Ritzen des Bodenbelags nach oben – innerhalb kürzester Zeit baute sich eine Staub-Barriere zwischen uns und den Gästen auf. Es brauchte eine ziemlich lange Musikpause, bis Tänzer und Musiker sich wieder sehen konnten – das Fest verlief dann etwas weniger heißblütig, jedoch in bester Stimmung!

Wenn der Tag erwacht

Sind Sie schon einmal zwischen 04:00 Uhr und 05:00 Uhr morgens durch den Englischen Garten gegangen? Frisch gestylt in Dirndl oder Lederhosn? Den Picknickkorb gefüllt mit Köstlichkeiten, Tischdecke, Geschirr, Besteck, Sektgläsern und Kandelaber? Dann waren Sie sicher auf dem Weg zum Kocherlball, der jedes Jahr am 3. Sonntag im Juli stattfindet. Zwar beginnen Musik und Tanz „erst“ um 06:00 Uhr, wenn die ersten Sonnenstrahlen den Biergarten am Chinesischen Turm erwärmen, aber wer einen Sitzplatz haben möchte, dem sei die Ankunft dort spätestens um 05:00 Uhr empfohlen. Welch eine Atmosphäre, wenn in der Morgendämmerung Kerzenlichter die gedeckten Tische erhellen und der erste Kaffee – oder Sekt – getrunken wird!

Dieses Erlebnis wollten wir auch unseren Freunden aus Allauch nicht vorenthalten und animierten die Gruppe vor einigen Jahren, sich um 04:00 Uhr morgens am Maibaum in Vaterstetten einzufinden zur gemeinsamen Fahrt nach München. Nur wenige Franzosen mochten sich so früh aus dem Bett schälen, aber diejenigen, die es geschafft hatten, waren voller Vorfreude und auch etwas ungläubig, dass es Menschen geben soll, die zu so früher Zeit tanzen gehen. Unsere Freundin M. hätte auch sehr gerne teilgenommen, aber da sie nicht mehr die Jüngste war, machte sich ihre Gastfamilie Sorgen, dass es für sie zu anstrengend sein könnte. So blieb sie daheim. Doch als tags darauf die kleine Gruppe der Frühaufsteher von diesem Ereignis berichtete, schwor sie sich, im Folgejahr dabei zu sein.

Und so geschah es. Sie übernachtete am Vorabend bei uns, um ihre Gastfamilie nicht zu wecken, wurde in ein fesches Dirndl gekleidet und auf ging’s. Auch ihr guter Freund, der Maler A. aus Allauch hatte sich dazugesellt. Mit Strohhut, weißem Hemd, schwarzer Hose und der typischen roten provenzalischen Schärpe um den Bauch sah er schon frühmorgens ausgesprochen unternehmungslustig aus.

Im Englischen Garten angekommen, entdeckte man nur vereinzelt menschliche Gestalten. Frühaufsteher wie wir? Oder „Durchgefeierte“? Plötzlich erklang ein kleiner Aufschrei unserer französischen Freunde: Dort in der Ferne, was war denn das? Sie trauten ihren Augen nicht – da waren doch tatsächlich die ersten „Nackerten“, die ihr Bad im Eisbach nahmen – ja sowas! Das hatte man hier in München nicht erwartet!

Im Biergarten erlebten wir die nächste Überraschung: Es war schon total voll, nur noch wenige Tische standen zur Auswahl! Als um Punkt 06:00 Uhr die Musik begann, strömten alle auf die Tanzfläche, und wunderschöne neue und alte Trachten waren zu bewundern. Während wir versuchten, die angesagten Schrittfolgen richtig einzuhalten, gab es bei unseren Freunden aus Allauch ein herrliches Durcheinander, insbesondere bei der „Münchner Francaise“. Unsere strahlende Freundin M. mit ihrem tollen weißen Zopf und der schicke Provenzale A. mit seiner roten Schärpe wurden von allen bewundert – sie waren die heimlichen Stars des Kocherlballs!

Traumziel erreicht!

Vom 02. – 09.06. ist eine Vaterstettener Reisegruppe in Allauch und verlebt dort eine wunderbare Woche mit schönen Ausflügen. Da wird bei dem einen oder anderen Mitfahrer sicherlich auch die Erinnerung an ein ungewöhnliches Erlebnis wach.

In jenem Jahr stand wieder einmal ein Besuch des Stausees Lac de Sainte-Croix und des Ortes Moustiers auf dem Programm. Moustiers gehört zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Schon von weitem sieht man die 135 m lange Kette, die zwischen zwei Felsen gespannt ist und an der ein goldener Stern mit einem Durchmesser von 115 cm hängt – Herkunft und Bedeutung sind sagenumwoben. Abgesehen davon, dass es sich bei Moustiers um einen wirklich sehenswerten Ort handelt, liegt er auch nur 5 km entfernt von einer anderen landschaftlichen Attraktion: dem malerischen Stausee, in den der Fluss Verdon mündet, nachdem er eine der tiefsten Schluchten Europas durchquert hat, die „Gorges du Verdon“. Der Lac de Sainte-Croix ist der zweitgrößte Stausee Frankreichs, er bedeckt fast 22 km² Fläche und ist bis zu 90 m tief; der Sainte-Croix Staudamm wurde 1974 fertiggestellt.

Bei diesem Ausflug wird gerne zuerst am Stausee eine Picknickpause eingelegt, denn das klare Wasser lädt auch zum Schwimmen ein. Für unsere damalige Reiseleiterin kam allerdings ein Bad HIER NIE infrage – der See barg für ihr Empfinden „zu viele Geheimnisse“. Sie erschauerte jedes Mal, wenn sie uns erzählte, dass für den Stausee ein ganzes Dorf überflutet worden sei. Unter den Booten und Schwimmern befänden sich also noch Häuser, Kirchen und wer weiß, was (oder wer) noch! Zwar wurde das Dorf 400m vom alten Standort wieder aufgebaut, und nichts Beunruhigendes wegen der Überflutung wurde jemals bekannt, aber trotzdem … !

Auf der anderen Straßenseite, gegenüber des Sees, hat man einen grandiosen Blick in die Verdon-Schlucht, auf wagemutige Felsenkletterer und unzählige Tretboote. Da aber jedes Mal bei diesem Ausflug noch der Besuch Moustiers auf dem Programm steht, blieb es bisher immer bei unseren sehnsüchtigen Blicken in die unglaublich schöne Verdon-Schlucht.

Bis – ja, bis zu jenem Tage, als unser Busfahrer die Picknickpause dazu nutzen wollte, aus einem kleinen abgeschlossenen Außenfach des Busses ein paar Utensilien herauszuholen. Eh er sich’s versah, fiel dabei sein Schlüsselbund in das Fach hinein, die kleine Tür klappte zu und war nicht mehr zu öffnen. Damit war aber leider auch der Busschlüssel weg. Einen Zweitschlüssel hatte unser Fahrer nicht dabei. Welch eine Aufregung! Telefonate über Telefonate mit Autowerkstätten, dem ADAC, seiner Bus Firma in Deutschland – alles vergeblich. Es gab keine Hilfe, keine Chance auf einen Ersatzschlüssel, der Bus blieb unbeweglich.

Da schon absehbar war, dass das Problem nicht so bald gelöst werden konnte, beschlossen wir spontan, diesen unverhofft langen Aufenthalt zu nutzen und die ganze Reisegruppe zum Tretbootfahren einzuladen, um endlich, endlich in die herrliche Verdon-Schlucht zu gelangen. War das ein Erlebnis – wir genossen jede Minute auf dem blauen Wasser zwischen den hohen Felswänden! Als wir zurückkamen, hatte sich die Situation noch nicht verändert, und wir konnten uns noch gemütlich im nahen Café stärken.

Es verging viel, sehr viel Zeit, bis eine Rettung nahte: Ein deutscher Motorradfahrer, der es schaffte, das Fach mit brachialer Gewalt zu öffnen. Zwar war jetzt die Klappe kaputt, aber der Schlüssel wieder da! Für einen Besuch Moustiers reichte nun die Zeit nicht mehr, aber unser Bootsausflug in die Gorges du Verdon hatte für UNS alles wettgemacht!

Des einen Leid ist halt des andern Freud!

Wenn der Weg ist das Ziel ist

Bald ist es wieder soweit: Ein Bus aus Vaterstetten fährt vom 02. – 09.06. nach Allauch. Endlich unsere Freunde wiedersehen, die wunderbare Natur genießen, den Duft von Rosmarin, Thymian und Lavendel, das blühende Kakteenfeld am Weg zur Kapelle Notre Dame du Château – all das möchte man möglichst in keinem Jahr missen. Schon während der Fahrt wird man eingestimmt auf milde Temperaturen durch blühende Ginsterbüsche an der Autobahn und leuchtende Felder von Mohn- und Sonnenblumen in der Ferne – da bekommt man große Lust, sich einmal hier und da vor Ort in Ruhe umzuschauen.

So machten wir uns vor vielen Jahren mit dem Auto auf den Weg in die Partnerstadt. Schon allein die Wochenmärkte unter schattigen Platanen waren in den kleinen Ortschaften sehenswert. Welch Auswahl an herrlich frischen und aromatischen Früchten, an Käsesorten, Oliven, Pasteten, dazu überall nette kleine Cafés, Eisstände mit verlockenden Sorten, „Pâtisseries“ mit einer Auswahl an Minitörtchen – unsere Kinder und wir genossen alles.

Stunde um Stunde verging, und so langsam wurde es Zeit, ein gemütliches Nachtlager zu suchen. Handys hatten wir damals noch nicht – also hieß es sich umschauen nach einem Hotel. Doch wo wir auch fragten, es war kein Familienzimmer frei. Es wurde schon dämmerig, als plötzlich – versteckt hinter üppigst blühenden blauen Glyzinien – ein altes „Hôtel“ auftauchte. Auf unsere Frage nach einem freien Zimmer hieß es: „Die Suite Louis XIII wäre noch frei!“ Irritiert und leicht verschreckt fragten wir nach dem Preis und waren perplex, wie niedrig er war. Ob wir das wirklich richtig verstanden hatten? Aber natürlich war nun unsere Neugierde geweckt. Ja, wir dürften die Suite gerne anschauen, auch das Hotelrestaurant sei noch geöffnet, falls wir hungrig wären. Gespannt stiegen wir über knarrende Stufen in den 1. Stock zur Besichtigung der Suite Louis XIII. Nach einem recht unscheinbaren ersten Raum mit Klappsofa, Tisch und Stühlen traten wir in den zweiten und dort stand es dann: das riesengroße Himmelbett „von“ Ludwig dem 13. Wahnsinn! Die Kinder jubelten und entschieden sofort, dass der Papa das Klappsofa belegt und sie gemeinsam mit mir in diesem Himmelbett schlafen wollten. Noch einmal vergewisserten wir uns, dass der genannte Preis wirklich für 4 Personen war, aber ich hatte richtig verstanden, es war erstaunlich preiswert und somit war unsere Übernachtung klar.

Erleichtert beschlossen wir, nun auch gleich im hauseigenen Restaurant zu essen. Es war unerwartet elegant eingerichtet, in Vitrinen standen Weinflaschen, auf den festlich eingedeckten Tischen eine Auswahl an Gläsern. Wir ließen uns einen Platz zuweisen und die Speisekarte geben. Welch ein Schock! Solch hohe Preise hatten wir noch nie in einem Restaurant erlebt. Aber wie heißt es so schön: Da muss man durch! Wir waren hungrig, wir waren müde, also: Jetzt extra! Einmal wie Louis XIII speisen und schlafen – eine Erinnerung fürs Leben!

Als wir auf dem Weg in unsere Suite an der Rezeption den Hinweis lasen, dass in diesem Hotel nicht mit EC-Karte gezahlt werden könne, war klar, welchen „Jogging-Parcours“ mein Mann am nächsten Morgen schon vor dem Frühstück absolvierte: Auf zur nächsten Bank zum Geld abheben, um die beachtliche Rechnung bezahlen zu können.

Und eines war danach sicher: Wir würden nun ohne große Zwischenstopps nach Allauch fahren, wo ein nettes Gästezimmer von Freunden auf uns wartete und ein gutes provenzalisches Essen. Zum Nulltarif. Hoch lebe die Partnerschaft!

Wünschelrutengängerin ohne Wünschelrute

Schon mehrmals war ich mit dem Allauchverein in unsere Partnerstadt nach Südfrankreich gefahren und hatte bei einer etwas chaotischen, aber reizenden Gastgeberin, die zudem sehr gut kochen konnte, Unterkunft gefunden. Doch in diesem Jahr war die Dame selbst verreist und so sollte ich die Woche bei einer anderen, unbekannten Gastfamilie verbringen. Natürlich war ich ein bisschen aufgeregt und gespannt, wer mich bei unserer Ankunft erwarten würde. Schon nach der Begrüßung war klar, „die Chemie stimmte“. Es gab Gesprächsstoff über gemeinsame Interessen, die Kinder waren in ähnlichem Alter und meine Gastgeber bemühten sich meistens, langsam und deutlich zu sprechen.

Zuhause angekommen präsentierten sie mir stolz das kürzlich fertiggestellte Studio, in dem ich mich ungestört ausbreiten könnte. Es handelte sich dabei um einen geräumigen, dem Haus vorgelagerten unabhängigen Ein-Zimmer-Anbau mit eigener, abschließbarer Tür.

Endlich im Bett, lag ich lange wach, vermutlich den neuen Eindrücken und dem üppigen Abendessen geschuldet. Und aus dem Schlaf schreckte ich immer wieder auf – daran waren wohl die ungewohnten Geräusche aus dem Garten schuld. Hatte ich die Tür abgeschlossen? Eigentlich bin ich kein ängstlicher Mensch, das konnte doch nicht der Grund für meine Schlaflosigkeit sein.

Leicht gerädert verbrachte ich den nächsten Tag und hoffte darauf, nach einem intensiven Ausflugstag erholsameren Schlaf zu finden. Doch weit gefehlt – weder in dieser noch in den nächsten Nächten gelang es mir, gut ein- und durchzuschlafen.

Ziemlich überdreht und nicht wirklich erholt fuhr ich wieder nach Hause. Als ich im nächsten Jahr den Wunsch äußerte, wieder bei meiner ursprünglichen Gastgeberin untergebracht zu werden, wurde ich erstaunt gefragt, warum ich denn nicht ins „Studio“ wollte. Natürlich wollte ich nichts Negatives über das neue Studio sagen, auf das die Gastgeber sehr stolz waren. Eh ich mich’s versah, ohne darüber nachzudenken, schoss mir eine abstruse Ausrede durch den Kopf und ich hörte mich zu meinem eigenen Erstaunen sagen: „Verläuft unter dem Studio vielleicht eine Wasserader? Damit hatte ich schon öfter Probleme.“

Meine französischen Freunde schauten mich ziemlich irritiert an ob dieser Überlegung. Allerdings, den Garten aus eigenem Brunnen zu gießen, war schon eine verführerische Idee. Sie machten sich tatsächlich mit dem Spaten ans Werk und – o Wunder – bereits der erste Grabungsversuch hinter dem Anbau war erfolgreich!

Seitdem genieße ich bei französischen Bekannten den Ruf, Wasseradern aufspüren zu können, ganz ohne Wünschelrute!

Übrigens sind die Kinderzimmer bei meinen Gastgebern längst frei und ich schlafe jetzt in Allauch sehr gut – im Haupthaus.