Traumziel erreicht!

Vom 02. – 09.06. ist eine Vaterstettener Reisegruppe in Allauch und verlebt dort eine wunderbare Woche mit schönen Ausflügen. Da wird bei dem einen oder anderen Mitfahrer sicherlich auch die Erinnerung an ein ungewöhnliches Erlebnis wach.

In jenem Jahr stand wieder einmal ein Besuch des Stausees Lac de Sainte-Croix und des Ortes Moustiers auf dem Programm. Moustiers gehört zu den schönsten Dörfern Frankreichs. Schon von weitem sieht man die 135 m lange Kette, die zwischen zwei Felsen gespannt ist und an der ein goldener Stern mit einem Durchmesser von 115 cm hängt – Herkunft und Bedeutung sind sagenumwoben. Abgesehen davon, dass es sich bei Moustiers um einen wirklich sehenswerten Ort handelt, liegt er auch nur 5 km entfernt von einer anderen landschaftlichen Attraktion: dem malerischen Stausee, in den der Fluss Verdon mündet, nachdem er eine der tiefsten Schluchten Europas durchquert hat, die “Gorges du Verdon”. Der Lac de Sainte-Croix ist der zweitgrößte Stausee Frankreichs, er bedeckt fast 22 km² Fläche und ist bis zu 90 m tief; der Sainte-Croix Staudamm wurde 1974 fertiggestellt.

Bei diesem Ausflug wird gerne zuerst am Stausee eine Picknickpause eingelegt, denn das klare Wasser lädt auch zum Schwimmen ein. Für unsere damalige Reiseleiterin kam allerdings ein Bad HIER NIE infrage – der See barg für ihr Empfinden “zu viele Geheimnisse”. Sie erschauerte jedes Mal, wenn sie uns erzählte, dass für den Stausee ein ganzes Dorf überflutet worden sei. Unter den Booten und Schwimmern befänden sich also noch Häuser, Kirchen und wer weiß, was (oder wer) noch! Zwar wurde das Dorf 400m vom alten Standort wieder aufgebaut, und nichts Beunruhigendes wegen der Überflutung wurde jemals bekannt, aber trotzdem … !

Auf der anderen Straßenseite, gegenüber des Sees, hat man einen grandiosen Blick in die Verdon-Schlucht, auf wagemutige Felsenkletterer und unzählige Tretboote. Da aber jedes Mal bei diesem Ausflug noch der Besuch Moustiers auf dem Programm steht, blieb es bisher immer bei unseren sehnsüchtigen Blicken in die unglaublich schöne Verdon-Schlucht.

Bis – ja, bis zu jenem Tage, als unser Busfahrer die Picknickpause dazu nutzen wollte, aus einem kleinen abgeschlossenen Außenfach des Busses ein paar Utensilien herauszuholen. Eh er sich’s versah, fiel dabei sein Schlüsselbund in das Fach hinein, die kleine Tür klappte zu und war nicht mehr zu öffnen. Damit war aber leider auch der Busschlüssel weg. Einen Zweitschlüssel hatte unser Fahrer nicht dabei. Welch eine Aufregung! Telefonate über Telefonate mit Autowerkstätten, dem ADAC, seiner Bus Firma in Deutschland – alles vergeblich. Es gab keine Hilfe, keine Chance auf einen Ersatzschlüssel, der Bus blieb unbeweglich.

Da schon absehbar war, dass das Problem nicht so bald gelöst werden konnte, beschlossen wir spontan, diesen unverhofft langen Aufenthalt zu nutzen und die ganze Reisegruppe zum Tretbootfahren einzuladen, um endlich, endlich in die herrliche Verdon-Schlucht zu gelangen. War das ein Erlebnis – wir genossen jede Minute auf dem blauen Wasser zwischen den hohen Felswänden! Als wir zurückkamen, hatte sich die Situation noch nicht verändert, und wir konnten uns noch gemütlich im nahen Café stärken.

Es verging viel, sehr viel Zeit, bis eine Rettung nahte: Ein deutscher Motorradfahrer, der es schaffte, das Fach mit brachialer Gewalt zu öffnen. Zwar war jetzt die Klappe kaputt, aber der Schlüssel wieder da! Für einen Besuch Moustiers reichte nun die Zeit nicht mehr, aber unser Bootsausflug in die Gorges du Verdon hatte für UNS alles wettgemacht!

Des einen Leid ist halt des andern Freud!

Wenn der Weg ist das Ziel ist

Bald ist es wieder soweit: Ein Bus aus Vaterstetten fährt vom 02. – 09.06. nach Allauch. Endlich unsere Freunde wiedersehen, die wunderbare Natur genießen, den Duft von Rosmarin, Thymian und Lavendel, das blühende Kakteenfeld am Weg zur Kapelle Notre Dame du Château – all das möchte man möglichst in keinem Jahr missen. Schon während der Fahrt wird man eingestimmt auf milde Temperaturen durch blühende Ginsterbüsche an der Autobahn und leuchtende Felder von Mohn- und Sonnenblumen in der Ferne – da bekommt man große Lust, sich einmal hier und da vor Ort in Ruhe umzuschauen.

So machten wir uns vor vielen Jahren mit dem Auto auf den Weg in die Partnerstadt. Schon allein die Wochenmärkte unter schattigen Platanen waren in den kleinen Ortschaften sehenswert. Welch Auswahl an herrlich frischen und aromatischen Früchten, an Käsesorten, Oliven, Pasteten, dazu überall nette kleine Cafés, Eisstände mit verlockenden Sorten, “Pâtisseries” mit einer Auswahl an Minitörtchen – unsere Kinder und wir genossen alles.

Stunde um Stunde verging, und so langsam wurde es Zeit, ein gemütliches Nachtlager zu suchen. Handys hatten wir damals noch nicht – also hieß es sich umschauen nach einem Hotel. Doch wo wir auch fragten, es war kein Familienzimmer frei. Es wurde schon dämmerig, als plötzlich – versteckt hinter üppigst blühenden blauen Glyzinien – ein altes “Hôtel” auftauchte. Auf unsere Frage nach einem freien Zimmer hieß es: “Die Suite Louis XIII wäre noch frei!” Irritiert und leicht verschreckt fragten wir nach dem Preis und waren perplex, wie niedrig er war. Ob wir das wirklich richtig verstanden hatten? Aber natürlich war nun unsere Neugierde geweckt. Ja, wir dürften die Suite gerne anschauen, auch das Hotelrestaurant sei noch geöffnet, falls wir hungrig wären. Gespannt stiegen wir über knarrende Stufen in den 1. Stock zur Besichtigung der Suite Louis XIII. Nach einem recht unscheinbaren ersten Raum mit Klappsofa, Tisch und Stühlen traten wir in den zweiten und dort stand es dann: das riesengroße Himmelbett “von” Ludwig dem 13. Wahnsinn! Die Kinder jubelten und entschieden sofort, dass der Papa das Klappsofa belegt und sie gemeinsam mit mir in diesem Himmelbett schlafen wollten. Noch einmal vergewisserten wir uns, dass der genannte Preis wirklich für 4 Personen war, aber ich hatte richtig verstanden, es war erstaunlich preiswert und somit war unsere Übernachtung klar.

Erleichtert beschlossen wir, nun auch gleich im hauseigenen Restaurant zu essen. Es war unerwartet elegant eingerichtet, in Vitrinen standen Weinflaschen, auf den festlich eingedeckten Tischen eine Auswahl an Gläsern. Wir ließen uns einen Platz zuweisen und die Speisekarte geben. Welch ein Schock! Solch hohe Preise hatten wir noch nie in einem Restaurant erlebt. Aber wie heißt es so schön: Da muss man durch! Wir waren hungrig, wir waren müde, also: Jetzt extra! Einmal wie Louis XIII speisen und schlafen – eine Erinnerung fürs Leben!

Als wir auf dem Weg in unsere Suite an der Rezeption den Hinweis lasen, dass in diesem Hotel nicht mit EC-Karte gezahlt werden könne, war klar, welchen “Jogging-Parcours” mein Mann am nächsten Morgen schon vor dem Frühstück absolvierte: Auf zur nächsten Bank zum Geld abheben, um die beachtliche Rechnung bezahlen zu können.

Und eines war danach sicher: Wir würden nun ohne große Zwischenstopps nach Allauch fahren, wo ein nettes Gästezimmer von Freunden auf uns wartete und ein gutes provenzalisches Essen. Zum Nulltarif. Hoch lebe die Partnerschaft!

Wünschelrutengängerin ohne Wünschelrute

Schon mehrmals war ich mit dem Allauchverein in unsere Partnerstadt nach Südfrankreich gefahren und hatte bei einer etwas chaotischen, aber reizenden Gastgeberin, die zudem sehr gut kochen konnte, Unterkunft gefunden. Doch in diesem Jahr war die Dame selbst verreist und so sollte ich die Woche bei einer anderen, unbekannten Gastfamilie verbringen. Natürlich war ich ein bisschen aufgeregt und gespannt, wer mich bei unserer Ankunft erwarten würde. Schon nach der Begrüßung war klar, „die Chemie stimmte“. Es gab Gesprächsstoff über gemeinsame Interessen, die Kinder waren in ähnlichem Alter und meine Gastgeber bemühten sich meistens, langsam und deutlich zu sprechen.

Zuhause angekommen präsentierten sie mir stolz das kürzlich fertiggestellte Studio, in dem ich mich ungestört ausbreiten könnte. Es handelte sich dabei um einen geräumigen, dem Haus vorgelagerten unabhängigen Ein-Zimmer-Anbau mit eigener, abschließbarer Tür.

Endlich im Bett, lag ich lange wach, vermutlich den neuen Eindrücken und dem üppigen Abendessen geschuldet. Und aus dem Schlaf schreckte ich immer wieder auf – daran waren wohl die ungewohnten Geräusche aus dem Garten schuld. Hatte ich die Tür abgeschlossen? Eigentlich bin ich kein ängstlicher Mensch, das konnte doch nicht der Grund für meine Schlaflosigkeit sein.

Leicht gerädert verbrachte ich den nächsten Tag und hoffte darauf, nach einem intensiven Ausflugstag erholsameren Schlaf zu finden. Doch weit gefehlt – weder in dieser noch in den nächsten Nächten gelang es mir, gut ein- und durchzuschlafen.

Ziemlich überdreht und nicht wirklich erholt fuhr ich wieder nach Hause. Als ich im nächsten Jahr den Wunsch äußerte, wieder bei meiner ursprünglichen Gastgeberin untergebracht zu werden, wurde ich erstaunt gefragt, warum ich denn nicht ins „Studio“ wollte. Natürlich wollte ich nichts Negatives über das neue Studio sagen, auf das die Gastgeber sehr stolz waren. Eh ich mich’s versah, ohne darüber nachzudenken, schoss mir eine abstruse Ausrede durch den Kopf und ich hörte mich zu meinem eigenen Erstaunen sagen: “Verläuft unter dem Studio vielleicht eine Wasserader? Damit hatte ich schon öfter Probleme.”

Meine französischen Freunde schauten mich ziemlich irritiert an ob dieser Überlegung. Allerdings, den Garten aus eigenem Brunnen zu gießen, war schon eine verführerische Idee. Sie machten sich tatsächlich mit dem Spaten ans Werk und – o Wunder – bereits der erste Grabungsversuch hinter dem Anbau war erfolgreich!

Seitdem genieße ich bei französischen Bekannten den Ruf, Wasseradern aufspüren zu können, ganz ohne Wünschelrute!

Übrigens sind die Kinderzimmer bei meinen Gastgebern längst frei und ich schlafe jetzt in Allauch sehr gut – im Haupthaus.

Überraschungen

Wenn man von den langjährigen Beziehungen zwischen Vaterstetten und Allauch spricht, kann man das auch sehr wörtlich nehmen: Nicht nur freundschaftliche Beziehungen gab es von Anfang an, sondern manche “Beziehung” hat auch zur Ehe geführt! Ist es erstaunlich, dass es immer Vaterstettener Damen waren, die nach der Hochzeit gern in die Provence übersiedelten? Das Mittelmeer, Flora und Fauna, das milde Klima, die leichte mediterrane Kost sind durchaus sehr reizvoll und auf jeden Fall ein Kontrastprogramm zu unseren schönen bayerischen Bergen und Seen, Wiesen und Wäldern und manchmal deftigem Essen. Aber gerade was die Kost und das Klima angeht, so haben sich Bayern und die Provence doch schon ganz schön angenähert: Hitze in Vaterstetten – Sturm und Regen in Südfrankreich!

Bei einem unserer Aufenthalte in Allauch ergab es sich zufällig, dass genau zu diesem Zeitpunkt eine nette junge Vaterstettenerin im Rathaus von Allauch ihren französischen Freund heiraten wollte und unsere ganze Reisegruppe einschließlich unseres damaligen Bürgermeisters Peter Dingler bei der Trauungszeremonie anwesend sein durfte. Gespannt nahmen wir im großen Saal Platz, wo das Brautpaar und die Hochzeitsgesellschaft in den vordersten Reihen auf den großen Moment warteten. Plötzlich ertönte im Flur der laute Ruf: “Monsieur le Maire!” – “Der Herr Bürgermeister!”. Und zu unserem großen Erstaunen erhoben sich alle Anwesenden und applaudierten dem Bürgermeister bei seinem Eintritt in den Saal. Welch eine Ehrbezeugung!

Die Trauung verlief harmonisch als Gemeinschaftsaktion beider Bürgermeister mit Ansprachen in Deutsch und Französisch. Anschließend durften wir alle bei herrlichem Sonnenschein draußen mit einem Glas Sekt auf das junge Glück anstoßen, und bald danach machten sich das frisch getraute Paar und die Hochzeitsgesellschaft auf den Weg zur großen Feier.

Es war Juni, Zeit der Lavendelblüte, und genau dort sollte das Fest stattfinden. Im Lavendelfeld, zwischen den herrlichen Reihen dunkelvioletter Blüten, war die Festtafel lange im Voraus wunderschön hergerichtet worden – welch Idylle!

Doch “unverhofft kommt oft”! Während es in Allauch Traumwetter war, hatte sich über dem Lavendelplateau von Valensole bereits der Mistral erhoben, ein kräftiger, kalter, unerbittlicher Wind – besonders unerbittlich, wenn es um das Abdecken einer festlich gedeckten Tafel geht! Uns ist nicht bekannt, wo so schnell ein Ausweichlokal gefunden wurde – Improvisation ist alles!

Wir vom Allauchkomitee hatten uns aber eines gemerkt: Als bei unserer nächsten Komiteesitzung im Rathaus Vaterstetten Bürgermeister Dingler sich dem Sitzungssaal näherte, rief einer von uns “Monsieur le Maire!” und bei seinem Eintritt erhoben wir uns alle und applaudierten!

Rosette und Gilberte

Die Partnerschaft Vaterstetten-Allauch hatte uns gleich von Anfang an interessiert, doch erst 1985 trauten wir uns, Gastgeber für Franzosen aus der Partnerstadt zu werden. Die Kinder waren 8 und 5, wir um die 40 und fühlten uns sehr jung! Wann immer ich an unsere zukünftigen Gäste dachte, sah ich im Geiste ein etwa gleichaltriges Ehepaar vor mir oder eine Mutter mit ähnlich alten Kindern, die bei uns eine Woche verbringen würden. Ich gebe zu, dass ich enttäuscht war zu hören, dass unsere Gäste 2 Damen 65+ sein würden – das kam mir ganz schön “alt” vor. Jetzt – selber Ende 70 und topfit – weiß ich, dass die beiden damals noch SEHR JUNG waren!

Aber dann sagte ich mir, wer “in dem Alter” noch so lange Reisen mit dem Bus macht und bei Unbekannt übernachtet, ist sicher an der Städtepartnerschaft, an Deutschland, an München, an uns interessiert. Und natürlich war es genauso. Rosette aus Château Gombert bei Allauch und ihre Freundin Gilberte aus Marseille waren uns und auch unseren Kindern gleich sympathisch. Als Gastgeschenk hatten die beiden uns ein Santon-Pärchen mitgebracht, über das wir uns sehr gefreut haben. Denn damals gab es noch keine provenzalische Krippe im Rathaus Vaterstetten, und diese wundschön gekleideten Tonfiguren kannten wir noch nicht.

Wir verbrachten eine sehr nette Woche mit vielen Gesprächen zusammen, und als vom 2. Tag an unsere Spülmaschine streikte, hatte ich willige und versierte Helferinnen zur Seite. So manche Leserin wird sich daran erinnern: Gemeinsames Abwaschen führte in der Küche schon immer zu netten Plaudereien und Gelächter und war eigentlich gar nicht “schlimm”! Alles in allem war es eine wunderbare Erfahrung, unsere Gäste wurden zu Freundinnen, und als die Gegeneinladung für uns ausgesprochen wurde, waren wir gleich Feuer und Flamme.

Im Folgejahr machten wir uns also privat auf den Weg, um als 4köpfige Familie bei Rosette “einzufallen”. Ihr Haus war klein, aber am Abend wurde einfach das Wohnzimmer durch ein gemütliches Matratzenlager zu unserem Schlafzimmer umfunktioniert, wo wir alle Platz fanden. Wenn wir nicht wirklich gut geschlafen haben, so lag das an uns bis dato unbekannten lauten Geräuschen, die durch das offene Fenster die halbe Nacht an unsere Ohren drangen. Des Rätsels Lösung: Die gesamten Frösche der nachbarlichen Gärten – alle mit Pool oder kleinem Teich – hatten sich vorgenommen, uns mit einem Konzert zu erfreuen! Doch der nächste Tag ließ das alles schnell vergessen. Es war der 6. Geburtstag unserer Tochter, und Rosette und Gilberte hatten ein wunderbares Verwöhnprogramm für uns geplant – Indianerdorf bei Marseille, Picknick am Waldesrand, Ausflug ans Meer – besser hätte es gar nicht sein können mit unseren “alten” Damen aus der Provence! Und eigentlich wäre die Geschichte hier zu Ende, wenn sie nicht unverhofft noch weitergegangen wäre.

Als ich vor einigen Jahren auf dem Weihnachtsmarkt in Allauch mit einem sehr netten jungen französischen Ehepaar über die schönen Erlebnisse während dieser langen Städtepartnerschaft sprach und auch diese kleine Auftaktgeschichte berichtete, stellte sich heraus, dass Rosette die Großmutter dieses jungen Mannes war. Spontan rief er sie an und ich konnte mit ihr sprechen. Sie erinnerte sich nach den vielen Jahren nicht mehr so genau an die Einzelheiten, aber doch noch an unseren Besuch – 4 Personen, das war doch damals ganz schön happig! Rosette war inzwischen über 90 Jahre, und dieses Telefongespräch nach so langer Zeit war für uns alle ein sehr bewegender Moment.

Ende gut, alles gut!

Die letzten Highlights zum Jahresende sind für die Partnerschaftsvereine die Christkindlmärkte. Regelmäßig zum 1. Advent wird bei uns in Vaterstetten die provenzalische Krippe im Rathaus aufgebaut, und gleichzeitig findet ein schöner Weihnachtsmarkt statt. Mit großer Freude kommen dazu alljährlich Mitglieder des französischen Komitees und bieten an ihren Ständen provenzalische Spezialitäten an. Da duftet es nach Lavendel und Seifen, nach Kräutern der Provence und Fischsuppe, da leuchten bunte Tischdecken, Schürzen und Handtücher, umgeben von Lavendelhonig, Wein, rotem Reis, Olivenpaste, Konfekt, Calissons und vielem anderen. Die Vaterstettener warten schon immer ungeduldig auf diesen Termin, um die Vorräte aufzufüllen und nette Geschenke einzukaufen, und so mancher ist froh, dass nach dem Marktwochenende an der Krippe im Rathaus außer schönen Postkarten auch noch restliche Produkte aus Frankreich zu haben sind.

Wenn wir kurz darauf zum Weihnachtsmarkt nach Allauch reisen, geht es uns genauso. Wir werden sehnsüchtig erwartet, denn unsere französischen Freunde lieben alles, was wir anbieten: köstliche Weihnachtsplätzchen – gebacken und spendiert von fleißigen Vereinsmitgliedern und Allauchfreunden -, weißen Glühwein und “Amour chaud” (“Heiße Liebe”) – ein heißer Bratapfeltrunk mit Schlagsahne – und natürlich all die schönen Produkte, die weihnachtliche Stimmung verbreiten. Sobald uns der genaue Termin für den Markt vom französischen Komitee bestätigt wird, buchen wir unsere Flüge, um günstige Preise zu nutzen.

Im Jahre 2014 erlebten wir allerdings bei der Ankunft eine Überraschung: Der Weihnachtsmarkttermin war kurzfristig auf das Folgewochenende verschoben worden – vor uns lag der “Tag des Esels”! Da standen wir nun mit unseren Adventskränzen, Gestecken und weihnachtlichen Produkten und den gebuchten Rückflugtickets. Wir hörten, dass der “Tag des Esels” ein großes Fest sei zu Ehren dieser Tiere, die in den Hügeln von Allauch wichtige Dienste leisten. Es würde Verkaufsstände an den Straßen geben, einen folkloristischen Umzug, viel Musik und einen Eselsmarkt. Mit etwas Überredungskunst erlaubte uns der Organisator die Teilnahme und stellte uns einen kleinen Stand zur Verfügung. Adventskränze und Weihnachtsdeko wurden ausgebreitet, und während überall neben uns kulinarische französische Spezialitäten angeboten wurden, fielen wir mit unserer Ware ziemlich aus dem Rahmen! Aber dadurch wurden die Besucher auf uns besonders aufmerksam. Unser Stand war ständig umringt, viele nette Gespräche ergaben sich und der Verkauf lief bestens. Hinzu kam, dass neben uns der Ansager für die Lautsprecheranlage platziert war, der uns immer wieder interviewte, so dass selbst im hintersten Eck des Marktes jeder Besucher von der Partnerschaft Vaterstetten-Allauch und unserer Anwesenheit erfuhr.

Unser Warenbestand schmolz nur so dahin. Da wir uns aber ja auf 2 Weihnachtsmarkttage eingerichtet hatten, blieb dennoch allerhand übrig. So beschlossen wir, dass eine von uns den gebuchten Flug opfert und bis zum Folgewochenende bleibt – schließlich war ein großes Verkaufszelt für uns reserviert. Mit Hilfe des französischen Komitees wurde auch dieser deutsch-französische Stand ein voller Erfolg – wir waren bei Marktende ausverkauft.

So wurde aus dem ersten Schreck ein wunderbares Erlebnis – Ende gut, alles gut!

Gastfreundschaft ohne Grenzen

In 2022 konnten endlich wieder viele partnerschaftliche Veranstaltungen durchgeführt werden, gerade richtig zum 40jährigen Jubiläum.

Kurz sei nur erinnert an den provenzalischen Abend in der VHS Vaterstetten mit buntem Vortragsprogramm und Buffet mit südfranzösischen Spezialitäten im April, ein Treffen mit allen Partnerschaftsfreunden am Allauch Hügel neben dem Wahrzeichen von Allauch, der Windmühle, und eine Weinprobe im OHA im Mai, die Jubiläumsfestivitäten in Allauch im Juni, den Besuch aus Allauch mit umfangreichem Programm und Gala Abend im Juli, das Straßenfest in Vaterstetten mit Allauch-Stand mit typischen provenzalischen Delikatessen und guten Weinen, und im August die Reise zum Bierfest nach Allauch, unserer geliebten Partnerstadt in Südfrankreich.

All diese schönen Feste und Treffen lassen uns allerdings nicht vergessen, dass vieles während der Pandemie nicht stattfinden konnte, obwohl die Partnerschaftskomitees viel Arbeit investiert hatten, um diese Treffen und gemeinsamen Feste vorzubereiten in der Hoffnung, dass sie doch noch veranstaltet werden könnten. Aber in dieser Zeit wurde der Kontakt trotzdem immer aufrechterhalten per viralen Treffen dank Zoom und nicht zuletzt dank vieler positiver Erinnerungen, von denen wir in dieser Zeit noch immer zehren.

Dazu zählt eine Anekdote, die wir in Allauch erlebten und die für uns sicher unvergesslich bleiben wird. Wir hatten eine Reise an die Costa Brava mit dem Wohnmobil geplant, und Allauch liegt da genau auf der Strecke. Unsere Freunde, für die wir hier auch immer Gastgeber waren, hatten davon erfahren und bestanden darauf, dass wir bei ihnen übernachteten. Das konnten wir nicht ausschlagen, und um möglichst wenig Umstände zu machen, schlugen wir vor, dass wir in unserem Wohnmobil schlafen würden. Unser Freund Roger war einverstanden, bestand jedoch darauf, dass wir in diesem Falle mit unserem Wohnmobil in seinen traumhaften riesengroßen Garten fahren und direkt neben dem Pool parken sollten.

Erwartungsvoll standen wir am nächsten Tag vor dem Gartentor – aber welch eine böse Überraschung – wir konnten es nicht passieren, da unser Mobil ein paar Zentimeter zu breit war. Auf der Straße stehen zu bleiben war keine Option. Eine Lösung war gefragt und die kam auch prompt: Roger holte den Nachbarn zur Verstärkung herbei, und mit vereinten Kräften wurden die großen Portale ausgehängt! Tatsächlich war dann die Passage nach Millimeterarbeit und mit Hilfe unserer Freunde möglich, und wir nahmen den schönsten Standplatz ein, den wir jemals hatten: um uns herum blühende Blumenrabatten, grüner gepflegter Rasen und ein traumhafter Pool direkt vor unserer Tür! Glücklicherweise hatten wir genügend Münchner Bier dabei, das unsere Freunde sehr schätzen, um dies deutsch-französische Teamwork zu begießen, gefolgt von einem französischen Essen, lukullisch präsentiert von der Gastgeberin. Der Empfang nach einer langen Anfahrt hätte besser nicht laufen können!

Das Anwesen wurde übrigens bewacht von 2 großen Golden Retrievern, mit denen wir viel Spaß hatten und die uns am anderen Morgen überraschten: Sie trugen in der Schnauze große Tüten herbei, die sie uns in den Schoß legten: Frische Croissants und Baguette verströmten sofort einen unwiderstehlichen Duft – welche eine Verwöhnung!

Das Bierfass, das 3500 km reiste

Wer nach Allauch reist, freut sich auf nette Menschen, auf Land und Meer, gutes Essen, köstlichen Wein und vieles mehr. Und wenn unsere Freunde aus der Partnerstadt zu uns kommen, dann sind es die netten Vaterstettener, die nahen Berge, Seen und Schlösser, die Biergärten und – natürlich – auch das Bier, was Vorfreude auslöst. Man muss nur einmal die Abfahrt des Reisebusses in unsere Partnerstadt miterleben: morgens um 5:30 Uhr wird Biertragl um Biertragl eingeladen, denn viele private Wünsche gilt es zu erfüllen. Selbst der neue Bürgermeister von Allauch, Lionel de Cala, der bisher noch nicht hier war, bekam vom deutschen Komitee “1/2 Meter Bier” geschenkt – eine kunterbunte Mischung von Biersorten als Vorgeschmack auf seinen Besuch bei uns.

Tradition ist es inzwischen bei der Partnerschaft Vaterstetten-Allauch, ein 30 Liter Fass als Gastgeschenk mit dem Bus nach Allauch zu befördern, damit bei einem der nächsten dortigen Feste frisch Gezapftes angeboten werden kann. Dazu muss es allerdings erst einmal tagelang gekühlt werden, was das Ozapfn oft länger verzögert als geplant. Und wenn dann plötzlich pandemiebedingt 2 Jahre keine Feste mehr stattfinden können, was dann? Wie lange hält sich eigentlich das Bier im Fass bei provenzalischen Temperaturen? Diese bange Frage wurde uns heuer vom französischen Komitee gestellt. Die Antwort von Fachleuten war, dass man es nach 2 Jahren warmer Lagerung einfach wegschütten solle, da ungenießbar. Diesen Rat gaben wir an unsere französischen Freunde weiter, mit der Bitte, uns das leere Fass bei der nächsten Reise wieder mitzubringen – schließlich war ein hoher Pfandeinsatz von uns gezahlt worden.

Als der Bus im Juli in Vaterstetten ankam, dachte keiner an das Fass, doch am Vortag der Abreise wurden endlich die Gepäckklappen wieder geöffnet. Viele leere Bierkisten kamen zum Vorschein, die alle gefüllt wieder zurückreisen sollten. Und dann kam das Fass: schwer wie zuvor, denn man hatte das Bier einfach drin gelassen. Mühevoll hievte der Chauffeur mit Hilfe einiger Komiteedamen das schwere Objekt auf eine Karre des Getränkemarktes. In diesem Moment kam die Freundin des Chauffeurs hinzu. Sie schaute mit großen Augen auf das Fass und wir erklärten, dass wir dafür nun, nach 2 Jahren, 50€ Pfand vom Getränkemarkt zurückerhalten werden. “Was? 50€ nur für so ein schönes Holzfass? Das kaufe ich!” rief sie spontan aus, “das passt perfekt zu meiner Wohnung als Tisch!” Wir waren alle perplex. Und eh wir’s uns versahen, zückte sie ihr Portemonnaie und übergab uns 50€.

Ihr Freund schleppte das Fass mühevoll und mit gedämpfter Begeisterung wieder hinein in den Bus. Dieses Bier würde nun zum 3. Mal 1170 km reisen, um seiner hoffentlich endgültigen und ungewöhnlichen Bestimmung zugeführt zu werden!

Schlemmen wie Gott in Frankreich

Trotz unmittelbarer Nachbarschaft unserer Länder sind manche Lebensgewohnheiten unterschiedlich, und gerade das macht die Partnerschaftsreisen so reizvoll. Eintauchen in den Alltag anderer Familien, das typische Leben dort kennenlernen, das schafft man nur durch diese enge Verbindung, wenn man quasi Familienmitglied für 1 Woche geworden ist. Interessant ist z.B. der Stellenwert, den viele Franzosen dem Essen zuordnen. So mancher wohnt lieber bescheiden und verzichtet auf ein großes Auto, aber nicht auf ein gutes Essen. Und wenn dann eine Einladung ausgesprochen wird, ist das ein kulinarisches Erlebnis für die Gäste. Dazu eine kleine Anekdote aus unseren Erinnerungen:

Eine französische Familie hatte uns zum Mittagessen um 12:00 Uhr eingeladen. Mit typisch deutscher Einstellung dachten wir: Guter Zeitpunkt, denn dann können wir das schon lang geplante Treffen mit einem Segelfreund um 14:00 Uhr noch wahrnehmen. Doch da hatten wir wohl die Rechnung ohne den Wirt, sprich unsere Freunde, gemacht.

Das Ganze begann mit einem Aperitif zur Begrüßung, dazu gab es selbst gebackene mediterrane Spezialitäten, immer wieder unterbrochen von vielen interessanten Gesprächen. Danach kam das „amusegueule“ (frei übersetzt “Gaumenfreude”), uns damals völlig unbekannt, damit sich der Magen auf das kommende Essen vorbereiten kann. Und wieder gab es viel zu erzählen, bis dann verschiedene Vorspeisen aufgetischt wurden. Es war inzwischen längst 14:00 Uhr, vom Hauptgericht war noch nichts zu sehen und wir hatten einen Terminkonflikt. Aber den Gastgeber brüskieren? Unmöglich, lieber unauffällig den Segelfreund vorwarnen, dass es noch dauern könnte. Endlich stand die herrlich duftende Hauptspeise auf dem Tisch, einfach köstlich! Und wieder wurde erzählt und diskutiert, unterbrochen von diversen Desserts. Zwischendurch gab es Champagner, die Unterhaltung plätscherte dahin – dann kam der obligatorische Kaffee, dann Biscuits und sonstige Leckereien und der “pousse-café” (Cognac oder Obstler), damit all die Köstlichkeiten auch wohl bekommen.

Immer wieder hatten wir den Gedanken gehabt, wie und wann wir uns verabschieden könnten – nun schien der Moment günstig! Doch da klingelte es an der Haustür: Die uns wohlbekannte Nachbarin brachte einen Kuchen mit und wollte sich soooo gern mit uns ausgiebig unterhalten, denn wir hatten uns doch sooo lange nicht gesehen!

Welch ein Nachmittag, welch eine Schlemmerei! Es war wirklich urgemütlich und alles sehr lecker – aber auch ganz schön anstrengend.

Und als dann der Hausherr wieder einen Aperitif servieren wollte als nahtlosen Übergang zum Abendessen, griffen wir zur Notlösung: Ein fiktiver Anruf auf dem Handy „zwang uns leider dazu“, diese wirklich nette Gesellschaft zu verlassen – wir waren “geschafft”. Und das Treffen mit unserem Segelfreund verschoben wir auf einen anderen Tag.

Der Hut oder Liebe auf den zweiten Blick

2019 war das Jahr, in dem ich zum ersten Mal nach Allauch fuhr und die provenzalische Gastfreundschaft genießen durfte. Für Sonntag war ein Ausflug geplant. Zu sechst ging es ans Meer: Bummeln, Essen, Baden, Entspannen – das war der Plan.

BANDOL. Was für ein hübsches, kleines Städtchen am Mittelmeer! Zwischen Marseille und Toulon gelegen. An der Strandpromenade ein altes Karussell, hübsch anzusehen und für Kinder die Attraktion schlechthin. Wir bummeln an kleinen Boutiquen vorbei, auf der Suche nach dem richtigen Restaurant, um gemütlich zu Mittag zu essen. 

Während wir so dahinschlendern, fällt mein Blick auf ein Geschäft mit Hüten – wir bleiben stehen und plötzlich sind alle der Meinung, dass man in der Provence im Sommer niemals ohne Hut herumlaufen solle. NIEMALS! Ich finde zwar, dass ich nicht unbedingt ein „Hutgesicht“ habe, aber 5 Personen plus Verkäuferin sind da anderer Ansicht. Nach vielen AHs und OHs und „Nein, nein, nein, der nicht“ fällt die kollektive Wahl auf einen silberfarbenen Hut mit breiter Krempe und schwarzem Band – „Der steht Dir toll!“. Also gut, gekauft und aufgesetzt!  Unterwegs beobachte ich jeden, der mir entgegenkommt, wie er mich anschaut: Findet er den Hut auf meinem Kopfe wohl passend oder eigentlich unmöglich? Ich gebe zu, dass ich total verunsichert bin und freue mich, dass ein Kleidergeschäft uns alle erst einmal ablenkt. Auch dort fallen wir zu sechst ein. Ein neues Sommerkleid braucht doch jeder! 2 gehen in unseren Besitz über. Eines habe natürlich ICH erstanden – es ist so schwer, „Nein“ zu sagen.

Derart ermüdet vom Einkaufen mit viel Lachen und guter Laune, finden wir ein nettes Restaurant. Draußen unter einer Markise sitzend, ist es angenehm warm und natürlich bestellen wir uns alle das provenzalische Nationalgericht: MOULES FRITES. Moules Frites sind Miesmuscheln in einer Weißweinsauce mit Knoblauch,  dazu werden knackige Pommes frites gereicht. Lecker!

Als wir nach dem Essen zum Strand gehen, habe ich mich mit meinem Hut tatsächlich angefreundet – eigentlich ist er doch gar nicht so übel. Doch siehe da, auch dem Windgott scheint er zu gefallen! Er hebt meinen Hut vom Kopf und lässt ihn zuerst wie ein kleines Ufo entschweben, um ihn dann wieder fallen zu lassen, etwa 10 Meter entfernt von mir. Also los, nichts wie hinterher! Kaum bin ich beim Hut angelangt und will ihn greifen, kommt  die nächste kleine Bö, hebt den Hut an und wieder ist er 10 Meter weit weg. Also schnell im Laufschritt und Zickzack hinterher – immer Richtung Wasser. ENDLICH!  Nach dem 4. Lauf und kurz vor dem Wasser bekommen Kinder den Hut zu fassen, der ihnen wie eine Frisbeescheibe entgegengeflogen war. Lachend stehen sie da und halten ihn mir entgegen.

Also wirklich, Petrus, was das nötig? Mein geliebter schöner Hut! Der kommt jetzt sicherheitshalber in die Tasche!