Wenn der Weg ist das Ziel ist

Bald ist es wieder soweit: Ein Bus aus Vaterstetten fährt vom 02. – 09.06. nach Allauch. Endlich unsere Freunde wiedersehen, die wunderbare Natur genießen, den Duft von Rosmarin, Thymian und Lavendel, das blühende Kakteenfeld am Weg zur Kapelle Notre Dame du Château – all das möchte man möglichst in keinem Jahr missen. Schon während der Fahrt wird man eingestimmt auf milde Temperaturen durch blühende Ginsterbüsche an der Autobahn und leuchtende Felder von Mohn- und Sonnenblumen in der Ferne – da bekommt man große Lust, sich einmal hier und da vor Ort in Ruhe umzuschauen.

So machten wir uns vor vielen Jahren mit dem Auto auf den Weg in die Partnerstadt. Schon allein die Wochenmärkte unter schattigen Platanen waren in den kleinen Ortschaften sehenswert. Welch Auswahl an herrlich frischen und aromatischen Früchten, an Käsesorten, Oliven, Pasteten, dazu überall nette kleine Cafés, Eisstände mit verlockenden Sorten, “Pâtisseries” mit einer Auswahl an Minitörtchen – unsere Kinder und wir genossen alles.

Stunde um Stunde verging, und so langsam wurde es Zeit, ein gemütliches Nachtlager zu suchen. Handys hatten wir damals noch nicht – also hieß es sich umschauen nach einem Hotel. Doch wo wir auch fragten, es war kein Familienzimmer frei. Es wurde schon dämmerig, als plötzlich – versteckt hinter üppigst blühenden blauen Glyzinien – ein altes “Hôtel” auftauchte. Auf unsere Frage nach einem freien Zimmer hieß es: “Die Suite Louis XIII wäre noch frei!” Irritiert und leicht verschreckt fragten wir nach dem Preis und waren perplex, wie niedrig er war. Ob wir das wirklich richtig verstanden hatten? Aber natürlich war nun unsere Neugierde geweckt. Ja, wir dürften die Suite gerne anschauen, auch das Hotelrestaurant sei noch geöffnet, falls wir hungrig wären. Gespannt stiegen wir über knarrende Stufen in den 1. Stock zur Besichtigung der Suite Louis XIII. Nach einem recht unscheinbaren ersten Raum mit Klappsofa, Tisch und Stühlen traten wir in den zweiten und dort stand es dann: das riesengroße Himmelbett “von” Ludwig dem 13. Wahnsinn! Die Kinder jubelten und entschieden sofort, dass der Papa das Klappsofa belegt und sie gemeinsam mit mir in diesem Himmelbett schlafen wollten. Noch einmal vergewisserten wir uns, dass der genannte Preis wirklich für 4 Personen war, aber ich hatte richtig verstanden, es war erstaunlich preiswert und somit war unsere Übernachtung klar.

Erleichtert beschlossen wir, nun auch gleich im hauseigenen Restaurant zu essen. Es war unerwartet elegant eingerichtet, in Vitrinen standen Weinflaschen, auf den festlich eingedeckten Tischen eine Auswahl an Gläsern. Wir ließen uns einen Platz zuweisen und die Speisekarte geben. Welch ein Schock! Solch hohe Preise hatten wir noch nie in einem Restaurant erlebt. Aber wie heißt es so schön: Da muss man durch! Wir waren hungrig, wir waren müde, also: Jetzt extra! Einmal wie Louis XIII speisen und schlafen – eine Erinnerung fürs Leben!

Als wir auf dem Weg in unsere Suite an der Rezeption den Hinweis lasen, dass in diesem Hotel nicht mit EC-Karte gezahlt werden könne, war klar, welchen “Jogging-Parcours” mein Mann am nächsten Morgen schon vor dem Frühstück absolvierte: Auf zur nächsten Bank zum Geld abheben, um die beachtliche Rechnung bezahlen zu können.

Und eines war danach sicher: Wir würden nun ohne große Zwischenstopps nach Allauch fahren, wo ein nettes Gästezimmer von Freunden auf uns wartete und ein gutes provenzalisches Essen. Zum Nulltarif. Hoch lebe die Partnerschaft!