Damals war in Vaterstetten die Band von Helmut Musser “einfach genial”, und ich war stolz, dass ich mit meiner Bassgitarre als “Quereinsteiger”, noch dazu etwas älteren Baujahres, in die Rhythmusgruppe aufgenommen wurde.
Irgendwann wurde bekannt, dass wir für das allererste Bierfest in Allauch erwünscht waren. Die Vorbereitungen drängten, denn dazu gehörte auch die Übung, während des Marschierens Musik machen zu können. Plötzlich tauchte bei uns aus dem Nichts eine riesengroße Trommel auf, und da es nicht möglich war, während des Marschierens Bassgitarre zu spielen, fiel das Los auf mich. Eine sehr unangenehme Aufgabe, es fehlte nämlich das Tragegeschirr. Also kurzum einen breiten Gürtel in das Gestänge eingehakt und auf ging’s zum Proben auf der Reitsberger-Wiese. Ein ganz neues Geh-Gefühl! Vor dem Bauch die große Trommel, obendrauf das Becken für die scharfen Klänge und ein dicker Klöppel zum Draufhauen! Als ich wieder zu Hause war, konnte ich mich kaum noch bewegen, so sehr hatte mich der Gürtel am Nacken eingedrückt. Doch allmählich lernte ich, die Trommel während des Marschierens ohne Musik mit den Händen etwas anzuheben, dann war die Last erträglich.
Schließlich war es so weit: Wir stiegen in den Bus und fuhren die Nacht durch, das war damals so üblich, aber auch übel! Eingeklemmt zwischen den Sitzen mit auf “Ruhen” gestellten Lehnen waren wir dem Schaukeln der Karosse und dem Gaswechsel des Fahrers ausgeliefert. Wer es besonders bequem haben wollte, legte sich bretteben auf den Boden des langen Durchgangs. Dort war der „Pulsschlag“ der Antriebsmechanik krachend (der Gang muss hörbar einrasten!) und röhrend Vertrauen erheischend zugange. Da wusste dann am Morgen jeder, was „gerädert“ in unserer Zeit bedeutet!
Am Nachmittag vor dem Bierfest sollten wir die Bewohner Allauchs auf das große Ereignis aufmerksam machen und marschierten deshalb blasend und trommelnd durch den Ort. Ich erinnere mich noch gut an zwei gefährlich kläffende Hunde hinter einem Eisengitter. Da nahm ich meinen dicken Klöppel, zog mächtig auf und drosch einen kräftigen Schlag auf die Trommel. Und siehe da, die beiden Großmäuler jaulten auf und verschwanden schnurstracks hinter dem Haus.
Das Bierfest fand in einem riesigen Zelt statt, mit Hendl-Braterei und Bierfässern. Der Eintrittspreis war mit 100 Francs bombastisch, das waren immerhin ca. 35 DM für 1/2 Brathendl und 1 Mass Bier. Das hielt die Franzosen aber nicht ab, das Zelt wurde nach und nach brechend voll. Man beklatschte begeistert unsere Musik, aß die Hendl und stürzte so manche Mass hinunter. Als wir dann musikalisch auf die „Oberkrainer“ umsattelten, stieg die Stimmung auf den Höhepunkt, bis etwas Unerwartetes geschah:
Zwischen unserer großen Bühne und den dicht gedrängten Leuten war ein provisorischer Bretterboden ausgelegt, um den heißblütigen Freunden das Tanzen zu ermöglichen. Das Stampfen und Hüpfen auf den Brettern führte zu einer Art pneumatischer Pumpe. Der Sandboden des Steinbruchs erlebte seine große Stunde und stieg in beachtlichen Schwaden durch die Ritzen des Bodenbelags nach oben – innerhalb kürzester Zeit baute sich eine Staub-Barriere zwischen uns und den Gästen auf. Es brauchte eine ziemlich lange Musikpause, bis Tänzer und Musiker sich wieder sehen konnten – das Fest verlief dann etwas weniger heißblütig, jedoch in bester Stimmung!