Trotz unmittelbarer Nachbarschaft unserer Länder sind manche Lebensgewohnheiten unterschiedlich, und gerade das macht die Partnerschaftsreisen so reizvoll. Eintauchen in den Alltag anderer Familien, das typische Leben dort kennenlernen, das schafft man nur durch diese enge Verbindung, wenn man quasi Familienmitglied für 1 Woche geworden ist. Interessant ist z.B. der Stellenwert, den viele Franzosen dem Essen zuordnen. So mancher wohnt lieber bescheiden und verzichtet auf ein großes Auto, aber nicht auf ein gutes Essen. Und wenn dann eine Einladung ausgesprochen wird, ist das ein kulinarisches Erlebnis für die Gäste. Dazu eine kleine Anekdote aus unseren Erinnerungen:
Eine französische Familie hatte uns zum Mittagessen um 12:00 Uhr eingeladen. Mit typisch deutscher Einstellung dachten wir: Guter Zeitpunkt, denn dann können wir das schon lang geplante Treffen mit einem Segelfreund um 14:00 Uhr noch wahrnehmen. Doch da hatten wir wohl die Rechnung ohne den Wirt, sprich unsere Freunde, gemacht.
Das Ganze begann mit einem Aperitif zur Begrüßung, dazu gab es selbst gebackene mediterrane Spezialitäten, immer wieder unterbrochen von vielen interessanten Gesprächen. Danach kam das „amusegueule“ (frei übersetzt “Gaumenfreude”), uns damals völlig unbekannt, damit sich der Magen auf das kommende Essen vorbereiten kann. Und wieder gab es viel zu erzählen, bis dann verschiedene Vorspeisen aufgetischt wurden. Es war inzwischen längst 14:00 Uhr, vom Hauptgericht war noch nichts zu sehen und wir hatten einen Terminkonflikt. Aber den Gastgeber brüskieren? Unmöglich, lieber unauffällig den Segelfreund vorwarnen, dass es noch dauern könnte. Endlich stand die herrlich duftende Hauptspeise auf dem Tisch, einfach köstlich! Und wieder wurde erzählt und diskutiert, unterbrochen von diversen Desserts. Zwischendurch gab es Champagner, die Unterhaltung plätscherte dahin – dann kam der obligatorische Kaffee, dann Biscuits und sonstige Leckereien und der “pousse-café” (Cognac oder Obstler), damit all die Köstlichkeiten auch wohl bekommen.
Immer wieder hatten wir den Gedanken gehabt, wie und wann wir uns verabschieden könnten – nun schien der Moment günstig! Doch da klingelte es an der Haustür: Die uns wohlbekannte Nachbarin brachte einen Kuchen mit und wollte sich soooo gern mit uns ausgiebig unterhalten, denn wir hatten uns doch sooo lange nicht gesehen!
Welch ein Nachmittag, welch eine Schlemmerei! Es war wirklich urgemütlich und alles sehr lecker – aber auch ganz schön anstrengend.
Und als dann der Hausherr wieder einen Aperitif servieren wollte als nahtlosen Übergang zum Abendessen, griffen wir zur Notlösung: Ein fiktiver Anruf auf dem Handy „zwang uns leider dazu“, diese wirklich nette Gesellschaft zu verlassen – wir waren “geschafft”. Und das Treffen mit unserem Segelfreund verschoben wir auf einen anderen Tag.