Reise in die sonnige Provence! – Mai 2016

Eine halbe Stunde früher als erwartet trafen 34 Vaterstettener am Freitagabend, den 20. Mai mit dem Bus der Firma Höher aus Kirchseeon in Allauch ein, ohne Staus und Komplikationen. Die Temperaturen waren während der Reise kontinuierlich gestiegen von unter 10° in Vaterstetten auf 25° in der Provence – welch angenehmer Empfang! Besonders gefreut haben wir uns auch über die elektronischen Informationstafeln in Allauch, die jeden Vorbeifahrenden auf unseren Besuch hinwiesen: Im Wechsel stand dort geschrieben: „Herzlich willkommen liebe Freunde aus Vaterstetten“ oder „Bienvenues à nos amis allemands de Vaterstetten“.

Während der ganzen Woche begleitete die Sonne das schöne Programm, das die Franzosen für uns vorbereitet hatten.
Nach dem traditionellen Rundgang durch Allauch am Samstagvormittag schloss sich ein Picknick und ein Spaziergang mit den Gastgebern in der großen Park- und Freizeitanlage von Pichauris an.
Sonntags kamen alle Bewegungsfreudigen  in den Genuss einer schönen vierstündigen Wanderung durch die Collines von Marcel Pagnol, die von der  Umweltorganisation Les Godillots Garrigois zusammen mit der Stadt Allauch organisiert worden war. Insgesamt 80 Teilnehmer genossen die nach Rosmarin und Thymian duftende Landschaft und die  wunderschöne  Aussicht. Bei  der Rückkehr bildete die Folkloregruppe Lei Amis d’Alau ein Spalier, es gab Erfrischungsgetränke und etwas zur Stärkung. Diverse Stände mit einheimischen Produkten wie Honig, Käse  und Safran waren aufgebaut sowie ein Stand der Organisatoren mit Informationen über Mülltrennung und Kompostierung.  Nach einer kurzen Pause bei den Gastfamilien ging es dann zum Partnerschaftsabend. Das mitgebrachte Fass Bier wurde zum Aperitif angezapft, und nach dem leckeren Essen  wurde zu bayrischen und französischen Klängen ausgelassen getanzt.
Am Montag stand eine Fahrt durch die Calanques bei Cassis auf dem Programm, was angesichts des starken Mistrals und des damit verbundenen  Wellengangs zu einem richtigen Abenteuer wurde – so mancher bekam im offenen Bereich des Bootes eine Dusche ab und flüchtete in den Innenraum.  Einige Tapfere entschlossen sich später noch zu einem Bad in den kühlen Fluten der schönen Bucht von Cassis – die Wassertemperatur ist dort grundsätzlich niedriger als anderswo und lag heuer bei 16°! Eine Weinprobe schloss diesen schönen Ausflugstag ab.
Der Dienstag stand im Zeichen des Marseille-Besuches. Die renovierten, zu Verkaufspassagen umfunktionierten ehemaligen Docks und das moderne Einkaufszentrum „Les Terrasses du Port“ beeindruckten uns sehr mit ihrer Architektur und dem tollen Ausblick über den Hafen von Marseille. Am Strand „Prado“ konnte danach wieder erfolgreich die Wassertemperatur getestet werden, und die anschließende Fahrt durch die engen Gassen hoch zur wunderschönen berühmten Kapelle Notre Dame de la Garde meisterte unser Busfahrer  Andi Höher mit Bravour!
Am Mittwoch ging durch eine idyllische Landschaft zur interessanten alten Papiermühle und der Fontaine de Vaucluse, und beim Besuch eines Lavendelmuseums erfuhren wir  alles über die Unterschiede von Lavande und Lavandin  und über alte und moderne Gewinnung der kostbaren Lavendelessenz.
Nachdem wegen des Streiks in Frankreich kaum noch Tankstellen geöffnet waren und für Donnerstag zusätzliche Demonstrationen und Straßenblockaden angekündigt wurden, entschlossen wir uns gemeinsam mit dem Komitee und den Busfahrern, statt des sehr weiten Ausfluges in die Camargue vorsichtshalber in der näheren Umgebung zu bleiben. Das war eine gute Wahl, da wir auf diese Weise bei einem großen Santon-Hersteller alle Einzelheiten der Produktion einer Santon-Figur miterleben durften, vom Klumpen Ton angefangen bis zum eingekleideten und bemalten provenzalischen „Dorfbewohner“. Wir werden sicher an die vielen notwendigen Arbeitsgänge denken, wenn wir im November wieder unsere provenzalische Krippe in Vaterstetten aufbauen! Ein Besuch in dem kleinen Ort Le Castellet, der auf einem Felsen erbaut wurde,  und Baden im inzwischen wärmeren Meer bei Bandol ließen diesen Tag zu einem wunderbaren Finale unserer diesjährigen Reise werden. 

Nun freuen wir uns auf den Besuch von 53 Franzosen bei uns im Juli , für die wir dank unserer engagierten Mitglieder und Allauchfreunde genügend Unterbringungsplätze gefunden haben – herzlichen Dank Ihnen allen!  Der Bus ist ausgebucht, es gibt sogar auch in Allauch eine Warteliste. Welch‘ schöner Erfolg für unsere Partnerschaft!

Eine Trompete bringt Frösche zum Schweigen

Es war in jenen frühen Jahren der Partnerschaft, als das Vaterstettener Bläserensemble (oder Bläserconsortium, wie es sich später nannte) noch 25 Buben und Mädchen umfasste. Regelmäßig während der Pfingstferien machte sich das Ensemble gemeinsam mit ihrem Maestro Helmuth Mußer nach Allauch auf. Bei jedem Besuch lag eine turbulente Woche vor ihnen, mit täglichen Musikdarbietungen: beim großen Begrüßungsfestessen im „Grande Salle de l’U.A.S.“, als Bigband bei der Fête de la Bière, im Freien auf dem Platz vor dem Rathaus, in Kirchen und Schulen in Allauch und Logis-Neuf, in Marseille und sogar in Aix-en-Provence.

In einer lauen Juninacht – das feierliche Konzert in der Kirche St. Sébastien mit deutsch-französischer Gemeinschaftsdarbietung von Beethovens Hymne an die Freude war nach viel Applaus und den obligatorischen Lobreden um Mitternacht zuende gegangen – fanden wir uns bei Freunden in Château Gombert, einem Vorort von Marseille, auf der Gartenterrasse wieder. Ich weiß nicht mehr, wer alles dabei war. Jung und alt, französisch und deutsch – es war eine bunte und fröhliche Gesellschaft. Tische wurden zusammengerückt, der Hausherr sorgte für Wein. Und während die Gastgeberin noch die Zutaten kredenzte – Käsewürfel, französische Salami, Oliven und andere kleine Köstlichkeiten – waren schon muntere Gespräche in Gang gekommen.

Nach so einem erfüllten Tag konnte nicht jeder für sich nach Hause gehen. Zu sehr waren alle nach dem Konzert noch „aufgeladen“, unter den Musikern war Manöverkritik angesagt und die Einheimischen hatten sowieso immer etwas Lustiges auf Lager. Doch zu so einer Sommernacht am Rande Marseilles gehört noch mehr: In den Platanen über uns zirpten die Grillen, untermalt vom dumpfen Brausen des nahen Großstadtverkehrs. Und im Gartenteich neben uns quakten viele Frösche. Es war eine gleichmäßige Lautkulisse, die aber niemand bewusst wahrnahm.

Bald ging ein Instrument von Hand zu Hand: Der Sohn des Hauses hatte das Flügelhorn seines Urgroßvaters herbeigeholt, ein Erbstück der Familie, um es Helmuth Mußer zu zeigen. Unsere provenzalischen Freunde hatten schon einige Lieder gesungen und gerade ein neues angestimmt. Was also lag näher als dass Helmuth Mußer die gute alte Trompete in Aktion zu setzen hatte. Er zierte sich zwar zunächst noch ein bisschen, aber dann stand er auf, und die ersten Töne zu einem Kabinettstück aus seinem unerschöpflichen Repertoire stiegen dem klaren Sternenhimmel entgegen. Im Hintergrund wurde es schlagartig still: die Frösche hatten aufgehört zu quaken. Erst jetzt bemerkten wir, dass es sie gegeben hatte. Die französischen Trinklieder hatten sie vorher mitnichten zum Einhalten bewogen. Das Trompetensolo war zu Ende, tosender Applaus, wieder Gespräche, Lachen, deutsch-französischer Lärm – aber die Frösche blieben still. Erst Minuten später, das Flügelhorn lag wieder auf dem Tisch, ging das Froschkonzert nach und nach wieder los, erst ein einzelner, dann wenige, dann wieder alle. Das Experiment wurde noch einmal wiederholt. Die Frösche lauschten andächtig zu Helmuth Mußers Trompetenklängen. Das Fest ging weiter:

Boire un petit coup c’est agréable,
boire un petit coup, c’est doux.
Mais il ne faut pas rouler dessous la table.
Boire un petit coup c’est agréable,
boire un petit coup, c’est doux.

... so bis in die frühen Morgenstunden.

Es gäbe noch viel zu erzählen: vom Strandleben in Cassis, von Ausritten und Stierkämpfen in der Camargue, vom Pont du Gard und Nîmes, von Arles, Avignon und Les Beaux und vom Picknick in Géménos. Leider auch davon, dass die Probenarbeit des Bläserconsortiums Vaterstetten vom tragischen Krebstod Helmuth Mußers im Mai 1986 überschattet wurde. Zur Beisetzung war eine Abordnung aus Allauch angereist. Sein Sohn Peter, und danach ein anderer Vaterstettener Musiker, Philipp Maas, betreuten in den darauffolgenden Jahren die jungen Bläser und ihre Konzerte daheim und bei ihren Auftritten in Allauch.

Die Partnerschaft hat schöne und traurige Ereignisse erlebt, sie hat uns alle, die mitmachten, angerührt, hat viele neue Bekanntschaften und nicht wenige Freundschaften fürs Leben hervorgebracht. Fürs angehende vierte Jahrzehnt wünsche ich ihr weiterhin Wachsen, Blühen und Gedeihen.